Etoile, mein Rennpferd.

  • Da hier im Forum doch scheinbar viel mehr User sind, die Ahnung von Pferden haben, dachte ich mir, ich nutze das jetzt mal schamlos aus und mache einen Thread für meine Stute auf. Wenn ich für jedes ihrer Wehwehchen ein Extra- Topic eröffne, wird das eventuell etwas zu viel und lästig.

    Also erstmal: Das ist Etoile, ich nenne sie Edna. Edna ist ein ehemaliges Rennpferd aus Frankreich, nach einem schweren Unfall und einer OP an der Hinterhand sollte sie zum Schlachter geschickt werden. Sie wurde dann von einem Mädel und ihrer Mutter adoptiert. Als das Mädchen aufs Gymnasium kam und ihre Mutter keine Zeit mehr hatte, wurde sie an einen "kleinen, netten Schulbetrieb" in der Nähe von Karlsruhe abgegeben.
    Dort war sie ungefähr 3 Jahre, bis Freunde von mir sie im Internet zu verschenken gefunden hatten. Ziemlich heruntergehungert, mit extremen Sattelzwang. Wurde täglich im Schulbetrieb mit Ausbindern geritten und über Sprünge geschickt. Sollte dringend weg, weil "der Stall umzieht und im neuen Stall kein Platz mehr für sie ist".
    Fragt mich nicht, was mich geritten hat, es hatte absolut nichts mit Vernunft zu tun. Ich hatte eine Box zur Verfügung, die mich gegen Mitarbeit im Stall inkl. Raufutter nur 130 Euro kosten sollte, da dachte ich mir, ich kann es ja mal probieren. Der eigentliche Plan war, sie wenn sie aufgepäppelt ist als Beisteller weiterzuverkaufen. Im April letzten Jahres, um halb zwölf Uhr Mitternacht habe ich den Hungerhaken auf den Hänger geführt.
    Sie hatte eine extreme Fehlstellung und war das erste halbe Jahr absolut unreitbar. Mit einer tollen Physiotherapeutin haben wir es aber zu einem "normalen Pferd" geschafft, was ihre Haltung angeht, und den Sattelzwang fast besiegt. (hier wollte ich mal ein Danke an @krinja hinterlassen. Du hattest mir einen Link zu Jutta Steins in dem Thread von Jolly, dem Pferd von meinen Freunden hinterlassen. Die habe ich dann bei Etoile beauftragt- und die Frau ist wirklich super, ein absolutes Goldstück, und preislich so ok und fair wie es nur geht).

    Edna war sehr bissig als ich sie bekommen habe. Berührungen an jeder x-beliebigen Stelle lösten aus, dass sie wild um sich gehackt hat. Inzwischen gibt es noch ein, zwei kritische Situationen (Halfter anziehen an manchen Tagen, der Moment in dem der Haken einklickt löst bei ihr ein Hacken nach unten aus, getroffen hat sie mich Gott sei Dank erst zwei Mal ohne bleibende Schäden :D).
    Wir haben von unserem Tierarzt als erstes die Diagnose COPD bekommen. Nach einem Jahr und einem Umzug in den Offenstall sieht man allerdings kaum mehr Bauchatmung bei ihr, nur an wettermäßig sehr feuchten Tagen pumpt sie vermehrt etwas.
    Danach kam dann die Diagnose "Grauer Star", mein Pferd ist stark seheingeschränkt.
    Im Frühjahr/Sommer zeigt sie periodisch immer mal wieder Headshaken auch beim Freilaufen, ganz ohne Sattel/Reiter etc. und schubbert sich vermehrt den Kopf an allem möglichen auf. Unser TA tippt in Richtung photic headshaking.
    Der neuste Spaß ist, dass sie beim Heu fressen regelmäßig Schlundverstopfungen bekommt. Sehr atypisch, sagt unser TA. Zwei Mal Zähne kontrollieren lassen- an denen liegt es wohl nicht.

    Edna ist unglaublich schreckhaft. Kühe lösen bei ihr Panikattacken aus, die nur schwer zu händeln sind. Alles andere kann man inzwischen sogar mal mutig betrachten, wir schaffen es zu immerhin im Schritt daran vorbei, oder sie geht inzwischen auch mal von selber mit der Nase nach vorne und beprustet es vorsichtig- letztens konnten wir uns sogar einem verdächtigen Traktor nähern und längere Zeit davor stehen bleiben. An stehen bleiben allgemein war am Anfang im Gelände noch gar nicht zu denken. ^^
    Ansonsten machen wir viel Bodenarbeit und Freilaufen und fangen langsam mit der Longenarbeit an. Sie hat gelernt auf dem Platz auf Stimme und Gewichtshilfen zu reagieren und wird von mir, da sie auf das Gebiss mit heftiger Abwehr reagiert, hauptsächlich gebisslos auf Impulse geritten. Inzwischen kann ich aber auch mit Gebiss mal vorsichtig die Zügel annehmen, ohne direkt einen Pferdekopf in der Fresse zu haben. ;)

    Da kein Mensch so einen Beisteller will, ich ihr jetzt wo ich von ihrer "Fast-Blindheit" weiß nicht unbedingt noch einen Umgebungswechsel zumuten will- und ich zugegebenermaßen dieses Pferd abgöttisch liebe (beruht zwar noch nicht auf Gegenseitigkeit, aber was solls- nach der Geschichte kann ich es ihr nicht verübeln) wird sie wahrscheinlich bei mir bleiben.

    Vielleicht gibt es ja hier noch jemanden, der sich mit der ein oder anderen Diagnose oder allgemein auch mit extrem schreckhaften Pferden mit unbekannter Vorgeschichte Erfahrung hat?
    Wir suchen auch noch nach einem guten THP im Raum Sauerland. Falls jemand Tipps hat... nur her damit.

    und die Fotos, natürlich:

    Liebe Grüße,
    sina und Damien

    mit Oreo, Edna und Lotte
    (und Milou, Aurora und Edi, immer im Herzen mit dabei <3)

  • Ich habe von Pferden leider nicht die geringste Ahnung und kann da überhaupt nix zu sagen, aber was Du leistest finde ich toll :oi:

    Wollte ich nur mal gesagt haben :)

    gruss gaby

    je hilfloser ein lebewesen ist,desto größer ist sein anspruch auf menschlichen schutz vor menschlicher grausamkeit

    Mahatma Gandhi

  • Ich kann mich nur anschließen... :oi:

    Echt toll, was Du wieder aus diesem Pferd gemacht hast. Und Du machst Dir ja weiterhin viel Arbeit damit. Meinen Respekt hast Du!

    LG Conny

    Fürchte dich nicht vor Veränderung, eher vor dem Stillstand. (Laotse 6. Jh. v. Chr., chinesischer Philosoph)

  • Ich habe auch null Ahnung von Pferden, aber freue mich sehr über die Rettung und Entwicklung des Pferdes.

    Hier ist ein Artikel zur Schlundverstopfung:

    http://www.pferdchen.org/Pferde/Gesundh…erstopfung.html

    Da steht, dass sich bei Pferden Narben in der Speiseröhre bilden können, die dann zur wegen der Enge auch bei Heu zur Schlundverstopfung führen. Ob es vernarbtes Gewebe gibt, kann man endoskopisch untersuchen.


    Zitat

    Es kann allerdings vorkommen, dass es nach einer starken Beschädigung der Speiseröhre zur Bildung von Narbengewebe kommt, das den Durchmesser der Speiseröhre verringert. Dann ist das Pferd zukünftig anfälliger für eine Schlundverstopfung, die dann auch durch übliche Futtermittel wie Heu ausgelöst werden kann. ...

    Wie bereits erwähnt, sind Pferde, wo sich im Zuge der Schlundverstopfung Narbengewebe auf der Speiseröhre gebildet hat, für weitere Verstopfungen besonders anfällig. Wenn man vermutet, dass eine Narbenbildung vorliegt, kann dieser Verdacht durch eine endoskopische Untersuchung überprüft werden.

  • Hallo Sina,

    ich habe den Thread mit Edna verfolgt ..... Wirklich wunderbar, wie sie sich gemacht hat. Du hast viel investiert - vor allem Geduld ^^
    Meine Schwester hat die Ausbildung zur THP in NRW (Siegerland..... Meschede ist ja nicht sooo weit von dort) gemacht und empfiehlt die Praxis
    http://www.thp-tierheilpraktiker.de/
    Waren Dozenten von ihr. Leider ist die Praxis in Ehringshausen (Autobahnanschluss), in Hessen aber ziemlich nah an der Grenze zu NRW.

    lieben Gruß,

    Petra

    Es gibt kein Wort des Trostes in irgendeiner menschlichen Sprache für Versuchstiere, die nicht wissen, warum sie sterben müssen.

    Ein Überlebender von Hiroshima

  • musst Du sie denn reiten?
    Mit welcher Zäumung reitest Du gebisslos?

    Ich kenn das Spiel von durchgeknallten Spaniern, s. mein Avatar.....

  • Toll hat sie sich gemacht.

    Ich hab auch einen Ex-Galopper.peaksy sollte 2006 schon in die Wurst .da hab ich ihn übernommen.Eigentlich suchte ich ein Reitpferd.seit 2008 wird er gar nicht mehr geritten ,aufgrund einer Hufrollenveränderung,einer sehnensache und diverser anderer Wehwechen.
    Kühe gingen bei uns anfangs auch gar nicht.weiter war ihm auch jedes gescheckte pferchen sehr suspekt.
    Probleme mit seinem Sozialverhalten hatte er .na ja bei über 6 Jahren Rennbahn bleibt das alles nicht aus.

    Lg
    Silke

  • ja die Kühe......mein Erstpferd mittlerweile 23 ist ja ein Quarterhorse, sein Vater mehrfacher Champion in den Rinderdisziplinen,
    und Tuffy geht stiften, sobald sich ein Kuh bewegt.....

    Weil ich den Stall ja am Haus habe, müssen ja mindestens 2 Rösser da sein, und weil ich die Altkalifornische Reitweise sehr liebe, fand ich eine P.R.E. Stute,
    günstig, da bisher nur in der Zucht eingesetzt.

    Ein Angsthase total, reiten ist das geringste Problem, an manchen Tagen ist meine Jacke schon ein Monster, oder im Winter die Weidedecke, Olé

    Aber schick ist sie........

    zum Thema Schreckhaftigkeit, Geduld, Geduld, Geduld

    will ich was an der Stute machen, also Putzen, oder so, nehme ich Halfter mit langem Strick in die Hand. Wenn sie weg will kann sie das, allerdinge nur bis ans Ende des Stricks, dann warte ich bis sie wieder zu mir kommt und mache weiter. Geduld, Unsicherheiten überspielen......

  • Deine Stute hat sich ja gemacht, sehr schön zu lesen :thumbsup:

    Falls ich dir einen Tipp geben darf aus meinen 16 Jahren eigenes Pferd: ich würde nirgends vorbeireiten wollen bis ich nicht vom Boden aus zu 100% dran vorbei gehen kann.
    Das klingt banal, aber du musst es aus der Sicht des Pferdes betrachten. Pferde sind Fluchttiere und damit immer auf der Hut. Wenn ihr die Kühe Angst machen ist sie geritten für sich alleine gestellt. Wenn du führst solltest du zwischen der Gefahr und dem Pferd gehen. Das Leittier hat die Aufgabe zu beschützen - aus Sicht deiner Stute wirst du dann zuerst gefressen.

    Am Boden entsteht ein viel engerer und besserer Kontakt. Meine Stute hatte auch wahnsinnige Angst vor Kühen. Wir sind da jeden Tag dran vorbei gelaufen. Irgendwann haben wir den Kühen zugeschaut und alles war okay. Erst dann bin ich im Sattel dahin. Wenn das Pferd zu große Angst zeigt absteigen und dran vorbei führen. Das ruhig einige Male.

    Bei meiner Stute hat das wunderbar funktioniert. Vor Kühen haben wir nur noch Angst wenn wir keine Lust zum arbeiten haben - da kommt dann der sture Haflinger durch.

    Wünsche euch auf jeden Fall weiterhin viel Spaß zusammen :D

    - Small things make the difference -

    Ein Junge sammelt am Strand einen Seestern nach dem anderen auf und wirft sie zurück ins Meer bevor sie vertrocknen. Da kommt ein Mann und sagt zu ihm: “Im Meer gibt es Millionen Seesterne, hunderte liegen hier am Strand. Es macht keinen Unterschied, ob du einige von hier zurückwirfst, du kannst nicht viel bewirken.”

    Da bückt sich der Junge erneut, hebt den nächsten Seestern hoch und sagt: “Es macht einen Unterschied für diesen hier!”

  • @krinja
    ja, genau das hatte mein TA auch erwähnt. Sie bekommt jetzt erstmal eine Zeit lang kein Heu, und wenn es dann immer noch/wieder auftritt, werde ich mir überlegen müssen ob ich noch eine Endoskopie durchführen lasse. Allerdings "bringt" das dann ja auch nicht wirklich was, außer die Diagnose, und da Etoile sich mit allem was sie hat schon gegen Berührungen durch Fremde am Kopf wehrt (wir haben gut ein Jahr gebraucht, bis ich sie für weit genug erachtet habe, um es mit dem Zähne machen zu probieren) denke ich, dass eine Vollnarkose dafür auf jeden Fall nötig wäre- und die würde ich ihr und mir gerne ersparen.

    @Benny
    sind leider knapp 2 Stunden Autofahrt bis zu uns lt. Google maps. Aber vielen lieben Dank für deinen Tipp. :)

    @Birgid
    "Reiten müssen" ist relativ. Sie ist inzwischen reitbar (natürlich nicht mehr voll), und ich will mein Hobby weiterhin ausüben, wenn auch nicht in dem gleichen Umfang/von einer ganz anderen Seite betrachtet. Das Geld was ich in sie investiere ist genug, um mir keine andere RB neben ihr mehr zu ermöglichen, und ganz egoistisch gedacht: Ich würde wahrscheinlich total frustriert sein, wenn ich nicht wenigstens die schönen Momente im Sattel mit ihr hätte, das ist so der einzige Bereich, wo wir tatsächliche Fortschritte machen. Ich glaube, irgendwo brauche ich auch das Gefühl, dass es sich auch für mich lohnt, damit die Beziehung zwischen ihr und mir nicht total im Sand verläuft. Allgemein sitze ich vielleicht 2 Mal die Woche auf ihr, den Rest arbeiten wir vom Boden aus oder gehen einfach nur spazieren (was aber Beides halt nicht so entspannend ist)- bzw. ich lasse ihr mindestens 2-3 Tage in der Woche in denen sie einfach ihre Ruhe von mir hat und ihr Leben mit der Herde leben kann.
    Ich habe angefangen sie mit Bitless Bridle zu reiten, das liegt allerdings in der Ecke seit dem Photic Headshaking verdacht. Gebisslos auf dem Platz reite ich sie jetzt mit Sidpull/einfach nur mit Halfter, wir arbeiten hauptsächlich im Schritt und Trab. Im Gelände hat sie ein Gebiß von Beris drinnen, die einfache Comfort-Stange, auf die sie gut reagiert und zum ersten Mal so etwas wie leichte Anlehnung an das Gebiß zeigt.

    @Kühe topic
    Das Problem ist: Die scheiß Kuhkoppel ist 10 Minuten Fußweg mindestens vom Stall entfernt. Und ist man erstmal dran vorbeigegegangen, hat man ein sich ständig im Kreis drehendes Pferd an der Hand, der man so auf der Nase hängen muss dass einem selber die Arme abfallen, damit sie nicht einfach durchstartet. Ich habe mir schon überlegt ob ich nicht lieber draufsitze, weil ich im Zweifelsfall dann einfach dabei bin wenn sie durchgeht. An allem anderen kriege ich sie vom Boden aus gut "überzeugt" mal hinzugucken, wir können uns den Dingen nähern, sie entspannt wenn ich sie berühre- aber diese blöden Kühe sind einfach so eine Sache für sich. Obwohl sie einen Tinker auf der Koppel hat. ^^
    Na ja. Vielleicht klappt es nächsten Sommer. Sie ist ja nun noch nicht wirklich davon überzeugt, dass ich ihr Leittier bin. ;)

    Liebe Grüße,
    sina und Damien

    mit Oreo, Edna und Lotte
    (und Milou, Aurora und Edi, immer im Herzen mit dabei <3)

  • sind leider knapp 2 Stunden Autofahrt bis zu uns lt. Google maps. Aber vielen lieben Dank für deinen Tipp.

    Hausbesuch wird dann wahrscheinlich zu teuer sein aber vielleicht arbeiten sie mit jemandem in deiner Nähe zusammen oder können dir jemanden in deiner Nähe empfehlen....

    lieben Gruß,

    Petra

    Es gibt kein Wort des Trostes in irgendeiner menschlichen Sprache für Versuchstiere, die nicht wissen, warum sie sterben müssen.

    Ein Überlebender von Hiroshima