Sehr sensibler Katermann

  • Ihr Lieben,

    ich schreibe mal, obwohl es mit meinem Neuzugang Simba noch kein wirklich großes Problem gibt, aber guter Rat ist ja so oder so nicht verkehrt.
    Seit einer Woche habe ich hier einen 3 1/2 Jahre alten roten Kater, der in der Vorgeschichte von seinem Besitzer an eine Dame vermittelt wurde, diese gebissen haben soll und als der Besitzer ihn einfangen und zurückholen sollte, muss der Kater ihn ebenfalls gebissen haben und die Wunde war tief genug, dass er ins Krankenhaus musste.

    Im Tierheim angekommen, zeigte er sich in der ersten Zeit sehr aggressiv, hatte allerdings eine Infektion am Penis (ich vermute dass das sicher nicht zur guten Laune beigetragen hat), die antibiotisch behandelt wurde und ausgeheilt ist. Ansonsten war er überwiegend sehr gestresst/dauernd unter Strom, lief eigentlich ständig durch sein Gehege als ich ihn besucht habe. Eine der beiden Katzendamen, die mit ihm im Gehege waren, mochte er so gar nicht, sie hat ihn nach Auskunft der Tierpflegerin auch oft vermöbelt. Mit der zweiten hat er einmal ein kurzes Nasenküsschen ausgetauscht, dann aber die Pfote erhoben und gedroht.

    Bei mir zuhause ist er anfangs sehr grummelig gewesen, da ich seinen Wohlfühlabstand respektiert habe, legte sich das aber auch bald wieder. Die Rescue-Tropfen, die ich ihm unter sein Futter gemischt habe, haben ihres dazu getan und ich kann ihn schon streicheln, wenn auch teils mit Vorsicht und "nein", wenn er versucht in die Hand zu beißen... ich glaube nicht, dass es ein bösartiges Beißen wäre, aber ich möchte ihm beibringen, dass seine Zähne nicht an oder in Menschenhaut gehören.

    Das kurze Streicheln, wenn er um die Beine geschmust kommt, ist jetzt mittlerweile auch kein Thema mehr. Schwieriger wird es, wenn ich abends im Bett liege und er kuscheln kommt, dann versucht er des öfteren noch die Hand zu packen, oder eine andere Hautstelle. Er nuckelt dann gerne, aber man merkt ihm auch an, dass dieses zusammenkuscheln sowohl gewollt als auch zu viel für ihn ist. Er schnurrt wie wild, gleichzeitig schlägt aber auch sein Schwanz hin und her und es kommt da noch des öfteren vor, dass er versucht zuzubeißen.

    Er wird hier mit Bällchen werfen, Katzenangel, Clickern und ein bisschen "Schnitzeljagd" im Haus (mit hier und da ein bisschen TroFu) ganz gut beschäftigt, Raufspiele werden mit Catnip-Kissen oder auch den Spielbällen simuliert. In wie weit er verträglich ist und vergesellschaftet werden könnte, weiß ich nicht, die Pflegerin sagte dass er eher Einzelprinz ist und es ist die Vermutung da, dass er möglicherweise zu früh entwöhnt wurde und ohne weiteren Katzenkontakt aufgewachsen ist, da er abends, wenn er kuschen will, grundsätzlich immer etwas zum Nuckeln braucht. Die Vergesellschaftung ist auch in sofern problematisch, weil die Herren des Hauses nur sehr, sehr ungern eine zweite Katze im Haus wollen. Dass ich jetzt überhaupt schon mal erreicht habe, dass sie drüber nachdenken falls Simba sich hier dauerhaft unausgeglichen zeigt, freut mich schon mal sehr :) aber ich werde es auch dementsprechend behandeln und nicht per se auf dem Raufekumpel bestehen, von dem ich auch nicht weiß ob Simba ihn überhaupt akzeptieren würde oder ob es nur mehr Stress für den Knaben bedeutet? In fünf Wochen etwa wird er zudem Freigang bekommen, so dass er auf Katzenkontakt nicht gänzlich verzichten muss.

    Bisher sieht alles soweit ganz gut aus, ab und zu habe ich schon ein bisschen Frust, wenn ich z.B. seine allzu aufdringlichen Kuschelversuche abwehren muss, weil er zugleich sehr unruhig wirkt und das wieder mit Beißen kompensieren möchte. Habt ihr da eventuell gute Tipps, wie ich ihm allgemein weiter helfen kann, sich zu entspannen, wie ich ihn nicht wegstoßen muss wenn er eigentlich Nähe sucht und trotzdem Grenzen setzen, wenn er gleichzeitig so angespannt ist, dass er schnappig reagiert?
    Aktuell traue ich mich auch nicht, ihn im Schlafzimmer zu lassen, wenn ich schlafe, auch wenn er hier bei weitem nicht so gestresst wirkt wie im Tierheim und auch bei weitem nicht so aggressiv wie beschrieben. Er ist einfach sehr, sehr lärmempfindlich und hat andererseits nie Grenzen kennen gelernt, das ist meine Ansicht...

    Ihn nicht im Schlafzimmer zu behalten, ist einerseits ein Rat des Tierheims, andererseits liegt es aber auch an meinen Eindrücken hier, an jenen Kuschelrunden mit Nuckel-/Knabber-/Beißversuchen. Im Schlaf würde ich es ja erst mitbekommen, wenn er mir in die Hand, den Arm oder vielleicht sogar ins Gesicht gebissen hat. Aber an sich ist das Schlafzimmer für keine meiner Katzen je Tabu gewesen, es tut mir so leid, dass ich ihn dort ausschließen muss nachts, auch wenn er nur in der ersten Nacht geweint hat und jetzt anstandslos von selbst geht, wenn es Schlafenszeit ist. Er hat schnell gelernt, dass er dafür auch morgens wieder bespaßt wird, nach dem Aufstehen und Füttern. Aber der Gedanke dass er sich eventuell die ganze Nacht vor meinem Schlafzimmer in den Flur legt oder allein in einem anderen Zimmer liegt, finde ich trotzdem... ;(

  • In meIner Kindheit hatten wir einen roten Kater, der doch recht ähnlich getickt hat. Er wurde vom Tierarzt aus einer Alkoholikerfamilie gerettet und meiner Mutter anvertraut. Er war sehr besonders, er war der Chef. Man wusste nie, wann ihm das Streicheln urplötzlich lästig war, dann schlug er und biss er. Das machte er aber auch, wenn man unerwünscht zu früh mit dem Streicheln aufhörte. Der Typ war schlichtweg bekloppt und unerziehbar. Aber: Bei allen Katzen, die es in unserer Familie gab, war er irgendwie der ganz Besondere. Allerdings hater in seinen 12 Jahren bei uns auch keine andere Katze neben sich geduldet.

    Ich drücke Dir aber die Daumen, dass Dein Kater noch " runterfährt", vielleicht wird er gelassener, wenn er sich draußen austoben kann.

    "Manchmal ist uns ein Tier ein Beispiel der Treue, zu der wir vielleicht nicht fähig gewesen wären."
    (Albert Schweitzer)

  • Danke dir... au weia, da hatte euer Kater aber auch eine Geschichte hinter sich ;( wahrscheinlich war das alles Unsicherheit, denn Alkoholiker sind ja genauso unberechenbar und er musste dauernd auf der Hut sein.

    Simba wirkt auf mich nicht unerziehbar, beim kurzen Kraulen zwischendurch, ohne Kuscheln, versucht er kaum noch, die Hand zu erwischen und reinzubeißen. Nur wenn er irgendwo langliegt und man versuchen will ihn zu kraulen, oder ich liege und er will sich dazu kuscheln, ist es schwierig. Bei ersterem lasse ich ihn einfach in Ruhe - Problem gelöst. Bei letzterem hoffe ich, dass er auch lernt, den Nuckelersatz Kissen oder Bettdecke zu akzeptieren und seinen Stress beim Kuscheln eher darin abzubauen, dass er statt zu beißen weg geht. Heute morgen ging das besser als gestern abend, da war er nämlich aufdringlich und unruhig zugleich und es kam dazu, dass ich unglücklich war weil ich ihn habe abblocken müssen. Für heute morgen hat er natürlich dann auch ganz viel Lob geerntet. :)

  • Das hört sich doch schon positiv an. Lass ihm Zeit, anzukommen und Vertrauen zu fassen. :thumbup:

    "Manchmal ist uns ein Tier ein Beispiel der Treue, zu der wir vielleicht nicht fähig gewesen wären."
    (Albert Schweitzer)